Vorwort
Günther Deicke wurde am 21.10.1922 in Hildburghausen als Sohn eines Finanzbeamten geboren, der in den letzten Kriegstagen beim Volkssturm sein Leben lassen musste. Deicke besuchte in Hildburghausen die Volksschule und erlangte 1940 an der Aufbauschule Hildburghausen das Abitur. Im selben Jahr trat er der NSDAP bei. Danach nahm er als Marinesoldat, zum Schluss als Oberleutnant zur See, auf Minensuchbooten und Unterseebooten am Zweiten Weltkrieg teil. Bei Kriegsende geriet er einige Wochen in Untersuchungshaft, aus der er 1946 entlassen wurde. Nach seiner Entlassung arbeitete er als Landarbeiter in der britischen Besatzungszone, kehrte aber dann im September 1946 nach Thüringen zurück. Bis 1951 war er - nach einem vergeblichen Versuch zur Lehrerausbildung zugelassen zu werden - als Volontär und Kulturredakteur bei der Weimarer Tageszeitung "Abendpost" tätig. 1951/52 wirkte er als Lektor beim Aufbau-Verlag Berlin und anschließend bis 1958 als Redakteur der Zeitschrift "Neue Deutsche Literatur" (ndl). 1958 trat er der NDPD bei und wurde 1963 in den Hauptausschuss der Partei gewählt. Von 1960 bis 1970 war er Lektor im Verlag der Nation. Nach 1970 war er als Autor/ Übersetzer freischaffend tätig, übte daneben aber auch zahlreiche kulturpolitische Funktionen in Berlin aus. Er war Mitglied, später Mitglied des Präsidiums des P.E.N.-Zentrums der DDR und ab 1974 ordentliches Mitglied der Akademie der Künste. In den 1970er und 1980er Jahren stieg er zu einem der renommiertesten Dichter, Nachdichter und Dramatiker der DDR auf. Besondere Beziehungen pflegte er zur Kunst und Kultur in Ungarn und Rumänien. Er war Ehrenmitglied des ungarischen Schriftstellerverbandes. Mit zahlreichen Künstlern und Kulturschaffenden führte er eine rege Korrespondenz. Für sein Gesamtschaffen wurde er im In- und Ausland mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Deicke war zweimal verheiratet. Aus beiden Ehen entstammen vier Kinder. Am 14.06.2006 verstarb er während eines Kuraufenthaltes in Marianské Lázne (Marienbad) in Tschechien.
Im Ergebnis des seit 2001 intensiv verfolgten Projektes Erinnerungskultur (Biografien/ Nachlasserwerbung mit Schwerpunkt 1945-1990) konnte das Staatsarchiv Meiningen nach längeren Verhandlungen Mitte des Jahres 2010 den Nachlass eines der bedeutendsten Literaturschaffenden der DDR, Günther Deicke, als Depositum übernehmen. Der Nachlass Deicke befand sich bis dahin in den Händen seiner zweiten Ehefrau Sabine Deicke in Berlin-Buch. Der Nachlass wurde dem Staatsarchiv in einem weitgehend ungeordneten Zustand übergeben, so dass sich eine komplette Neuordnung und intensive Verzeichnung mit Augias 8.3. als unabdingbar erwiesen. Der Nachlass wurde 2015 durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter und Historiker Ronny Renner erschlossen. Nach einer durchgehenden Neuordnung des Nachlasses wurden insgesamt 125 Akteneinheiten gebildet und in 12 Bereiche strukturiert. Den weitaus größten Teil nehmen die Korrespondenzen mit zahlreichen Künstlern, Kulturschaffenden und Journalisten sowie Manuskripte seines vielfältigen Werkes ein.