Vorwort
Im Gebiet des Großherzogtums Sachsen-Weimar hatte das Notariat bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Grundlage der Reichsnotariatsordnung von 1512 bestanden. Durch Erlass vom 21. August 1818 wurde jedoch die Ernennung neuer Notare für entbehrlich erklärt. In der Zeitschrift des Deutschen Notarvereins findet man 1903 folgende Mitteilung: "Aus Thüringen: Sachsen-Weimar gehört zu den wenigen deutschen Gebieten, die kein Notariat, sondern nur ein gerichtliches Urkundsamt besitzen ..."(2).Das Beurkundungsmonopol lag also bei den Amtsgerichten, wobei daneben noch bestellte Notare zugelassen wurden, Art.1, 2 AGGFG(3).
Die Gründung des Landes Thüringen am 1. Mai 1920 brachte eine Zäsur im Recht des Notariats mit sich. Durch das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit(5) wurde das Notariat für ganz Thüringen eingeführt und einheitlich geregelt. Im Jahre 1927 gab es in Thüringen insgesamt 172 Notare, schon 1931 stieg die Anzahl der Notare auf 202 an. Die Einwohnerzahl betrug damals 1,625 Millionen(6).
Mit der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937(7) wurde das letzte bis dahin noch auf landesgesetzlicher Regelung beruhende Gebiet justizieller Einrichtungen auf das Reich übertragen. Entscheidender Regelungsgehalt war die reichsweite Einführung des Nurnotariats.
Die Reichsnotarordnung galt als Thüringer Landesrecht nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges zunächst weiter. Am 1. Mai 1945 amtierten 242 Notare in Thüringen. Regelungen der Justizverwaltung gab es nur hinsichtlich der politischen Überprüfung, der Befehl Nr. 49 der SMAD vom 4. September 1945 enthielt keine Bestimmungen über Rechtsanwälte oder Notare. In Thüringen ergingen am 1. Oktober 1945 die "Gesetze über die Reinigung des Rechtsanwaltsberufes und über die Reinigung des Notaramtes von Nazi-Elementen". Darin war bestimmt, dass jeder Notar der Neubestallung bedurfte. In einem Bericht über die Geschäftsentwicklung des Ministeriums der Justiz wird festgestellt, dass nach dem "Zusammenbruch" 178 Notare neu zugelassen wurden(8). In dieser Zeit war die Notarkammer Thüringen in Gera ansässig, die ab 1951 als Abwicklungsstelle geführt wurde.
Im Zuge der Verwaltungsstrukturreform im Jahre 1952, in der die Länder aufgehoben und die DDR in Bezirke gegliedert wurde, wurden die früheren Aufgaben der Privaten Notare durch entsprechende Rechtsverordnungen einer neu geschaffenen Institution, dem Staatlichen Notariat, übertragen(9). Daneben bestand das seit 1956 geltende "Gesetz über das Verfahren des Staatlichen Notariats"(10). Inhalt der Regelungen war, dass freiberufliche Notare weiter amtieren konnten, allerdings Neuzulassungen nicht mehr erfolgten.
2) DNotV 1903, S. 24
3) Kockerols/Stapff/Fürbringer, 1907, Das Urkundswesen der deutschen Staaten, Fn. 21, S. 573 f.
5) ThürGS 1923 Nr. 49, S. 599
6) Stenographischer Bericht über den 12. Deutschen Notartag 1927, S. 586; Roesner, DNotV 1931, S. 148, 15
7) RGBl. I, S. 191 ff.
8) Rechenschaftsbericht des Hauptabteilungsleiters, Dr. Schultes, aus Anlass der Eröffnung des Justizgebäudes in Erfurt am 06.02.1950
9) Schulz, DNotZ 1965, S. 275 f.; VO über die Errichtung und Tätigkeit des Staatlichen Notariats vom 15. 10. 1952, GBl. S. 1050; VO über die Übertragung der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. 10. 1952, GBl. S. 1057
10) Gesetz vom 16. 11. 1956, GBl. I, S. 1288 f., und die Anordnung über die Arbeitsordnung des Staatlichen Notariats (Anordnung vom 16. 11. 1956, GBl. I, S. 1320 f.)
Quelle: http://www.notarkammer-thueringen.de/notariat_thueringen.htm
Vgl. auch: Das Notariat in Thüringen im Wandel der Zeiten von Hans Georg Schmidt, veröffentlicht in: Festschrift zur Wiedererrichtung des Oberlandesgerichts Jena, herausgegeben von Hans Joachim Bauer und Prof. Dr. Olaf Werner, C.H.Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München 1994.